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Der Selbstmord

Ein junger Tag tritt aus der Nacht,
noch sind die Grenzen feucht verschwommen,
noch hat die Erde nicht vernommen
der Sonne lichte Flammenpracht.

Doch langsam sinkt der helle Strahl
herab zu nächtlich tiefen Larven.
Es tönt das lichtdurchströmte Tal,
der Morgen spielt auf Windesharfen.

Ein Schrei zerteilt den bunten Traum,
hängt regungslos dann in der Luft,
starrt ängstlich aus dem Eichenbaum
und fällt verstummend in die Erdengruft.
Nun ist es still im weiten Wald,
das Holz der Bäume zittert kalt.

Einer bemerkt es in zu später Zeit
und teilt es den Andern mit.
Alle jetzt hören, dass keiner mehr schreit,
da steht ihres Uhrpendels Schritt.
Sie suchen mit Schwert und Spieß
den Schrei, der still sie verließ.

Als er jung war und noch kräftig dröhnte,
wollten die Menschen nicht hören.
Wie er alt war und nur seufzend stöhnte.
konnte er sie nicht mehr stören.
Erst jetzt - zu spät, da er schweigt -
des Schreies Dasein sich zeigt.

Sie treten aus dem Unterholz hervor,
behaarter Menschen missgestimmter Chor.
Sie schreien nach dem Schrei
und flehen ihn herbei.
Ohne leidvoll laute Klagen
würden sie verblasst verzagen.

Ihn nicht findend, fällen sie den Schluss,
er habe sich in seinem Überdruss
beim Schreien selbst erstickt.
Ungehört und wirr verstrickt,
so habe er sich umgebracht
in kummervoller, dunkler Nacht.

Ein wilder Wind fegt zu den Sternen
und bläst das Licht der Wolken aus.
Es dunkelt in den weiten Fernen,
es ächzt und kracht der Menschen Haus.

Ein kleiner Schatten flieht die kalte Erde:
Der einst gequält um Hilfe schrie,
keinen Platz fand er am warmen Herde,
er wird ihn nirgends finden - nie.
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